Die Gobi ist die größte Wüste in Asien und bedeutet im Chinesischen Fels- oder Gerölllandschaft. Zwischen Altaigebirge und dem tibetischen Plateau gelegen, erstreckt sie sich über riesige Teile Chinas und der Mongolei.

Nur wenige Menschen bekommen die Gelegenheit die entlegensten Winkel unseres Planeten zu bereisen. Mit einem sehr erfahrenen französischen Bergführer und zwei Guides aus Urumqui erkunde ich die Grenzregionen im Westen Chinas, um einen Kurs für die Teilnehmer des Gobi March zu finden. 180 Athleten aus 28 verschiedenen Ländern müssen in sieben Tagen 250 km zu Fuß und mit vollem Gepäck in der windigsten Wüste der Erde zurücklegen.

Ausgerüstet mit GPS, einem Jeep und viel Wasser machen wir uns auf den Weg. Nicht nur die Distanz und die Schwierigkeit des Terrains sind bei der Planung von Interesse, besonders eventuelle Sicherheitsrisiken, wie schnell ansteigende Flüsse oder Evakuierungsmöglichkeiten der Athleten im Notfall, spielen eine nicht unerhebliche Rolle.

Kartenmaterial gibt es hier keins. Nomaden weisen uns den Weg durch die Berge und Täler. Sie verstehen nicht was wir tun und nicht selten senden sie uns in die Arme der Polizei, statt uns den richtigen Weg zu weisen. Warum suchen diese Fremden einen Trampelpfad, wenn es doch eine Teerstraße gibt?
Die Gastfreundschaft ist groß, so übernachten wir oft in Bauernhäusern und essen sauren Yoghurt mit Naanbrot – eine willkommene Abwechslung bei über 30 Grad im Schatten. Am Abend versinke ich nicht selten im kühlen, braunen Wasser des Dorfbachs und atme den süßen Geruch der Schafwollteppiche beim Einschlafen.
Während die Athleten sich am Morgen auf den Start vorbereiten, sitzen wir bereits im Jeep und kontrollieren Teile der laufenden Etappe erneut. Nicht selten winken uns die Kinder in den Orten bereits mit unseren pinkfarbenen Fähnchen entgegen und die schnellen Athleten rücken unaufhaltsam von hinten näher.
Besonders die vierte Etappe hat mich begeistert. Die Markierungsarbeiten führen Pierre und mich über 16 km durch unbewohntes Gebirge. Es ist ein unglaubliches Gefühl, wenn man den Fuß auf den staubigen Boden setzt und nicht weiß, ob jemals ein Mensch zuvor diesen Ort betreten hat.

Am Horizont ragen die schneebedeckten Gipfel der Siebentausender in den Himmel. Shipton’s Arch liegt nahe Camp 4 und wurde erst im Jahr 2000 von einer Expedition wiederentdeckt. Dieser höchste natürliche Gesteinsbogen ist gigantisch in seinen Ausmaßen und überragt damit das Empire State Building. Ich stehe nur wenige Meter entfernt und blicke in die 350m tiefe Schlucht hinein – unglaublich.
Unsere größte Herausforderung steht noch bevor. Am fünften Tag wartet die längste Etappe auf die Athleten und damit auch 76 km Arbeit auf uns. Wie jeden Morgen verbringen wir viel Zeit damit, die bereits markierten Strecken erneut zu überprüfen. Zu groß ist die Gefahr, dass Markierungen verweht oder von Einheimischen sorgfältig entfernt wurden.
Das Rennen startet um 0800 Uhr und bereits nach wenigen Minuten stellen wir fest: Ein Checkpoint fehlt. Der Fahrer ist falsch abgebogen und nun zählt jede Minute, denn ohne Versorgung können die Athleten nicht weiterlaufen. Kurz darauf erhalten wir einen Anruf vom nächsten Checkpoint; er kann die richtige Position nicht finden. Die Zeit drängt und es sind noch 26km zu markieren. Pierre wird nervös und auch ich werde zunehmend unruhiger.
Die Sonne sticht unerträglich in meinen Nacken und erst gegen 1530 Uhr sind wir im Camp. Ich bin gefährlich dehydriert, denn die letzten Stunden waren extrem heiß. Lange Zeit liege ich im Schatten, im Bach, im Fahrzeug und erhole mich nur langsam.
Gegen 1900 Uhr brechen wir erneut auf, um Leuchtsticks für jene Athleten zu verteilen, die bei Nacht noch unterwegs sind. Im Dorf ist das unmöglich, wenn man sich umdreht fehlen bereits die ersten leuchtenden Markierungen. Sie üben eine magische Anziehungskraft auf die Bewohner aus. Erst gegen 0130 Uhr sind wir zurück.
In den vergangenen zwei Wochen habe ich weit mehr als 250 km zu Fuß zurück gelegt und selten länger als 5 Stunden geschlafen. Das Course Team ist vor den ersten Athleten auf der Strecke und wenn überhaupt, dann meist erst nach Einbruch der Dunkelheit zurück. Die dabei gewonnen Eindrücke und Erfahrungen sind unbeschreiblich und prägen die eigene Persönlichkeit in erheblichem Maße.