UTMB 2012




Der North Face Ultra-Trail du Mont-Blanc ist ein Lauf der Königsklasse. Die weltbesten Trailläufer versammeln sich in Chamonix und laufen durch drei Länder um das Dach Europas herum. Dabei legen sie 166 Kilometer und beinahe 10 000 positive Höhenmeter zurück.

© The North Face® Ultra-Trail du Mont-Blanc® – Pascal Tournaire

Sie treffen nur vereinzelt auf Verpflegungsstationen und müssen deshalb mit ihren Nahrungs- und Wasservorräten besonders gut haushalten können. Die Wetterverhältnisse im Hochgebirge sind extrem und ließen diesen Lauf bereits von Anfang an zur Legende werden.

Die Geschichte des UTMB reicht zurück bis in das Jahr 1978. Damals liefen zwei Mitglieder des Club Alpin Français (CAF) Chamonix den Weitwanderweg um den Mont-Blanc nonstop in 25 Stunden und 50 Minuten. Der Wettkampf so, wie wir ihn heute kennen, wurde 2003 unter maßgeblicher Beteiligung von Catherine und Michel Poletti ins Leben gerufen und wuchs von da an beständig. 2012 feiert die Veranstaltung ihre zehnte Auflage und umfasst vier verschiedene Läufe: UTMB, CCC, TDS, PTL – Für diese haben sich über 10.000 Läufer aus 75 unterschiedlichen Nationen gemeldet.

CCC – Montée refuge Bertone © The North Face® Ultra-Trail du Mont-Blanc® – Pascal Tournaire

CCC (100 km) und TDS (112 km) sind die jüngeren und etwas kürzeren Geschwister des UTMB. Trotz des starken Läuferfeldes, der guten Ausrüstung und der Wetterwarnungen waren dieses Jahr mehr als 60% der Läufer den Herausforderungen des TDS nicht gewachsen und beendeten das Rennen vorzeitig. Die Rennorganisation wurde vor die Aufgabe gestellt, hunderte Läufer, die nahezu gleichzeitig das Rennen abbrachen, vom Cormet de Roselend (knapp 2000 Meter ü. NN) zu evakuieren. Die Entscheidung, den UTMB diesmal auf eine kürzere Alternativroute (103 km) zu verlegen, erscheint nachvollziehbar.

Der Petite Trotte à Léon (PTL) ist die extremste dieser Herausforderungen und startet bereits vier Tage vor dem UTMB. Nur vereinzelt bekommt man jene ausgezehrten Gesichter zu sehen, die sich in völliger Autonomie und in Teams fast dreihundert Kilometer durch das Hochgebirge schlagen. Doch eins haben all diese Läufe gemeinsam: Das Ziel ist der Place du Triangle de l’Amitié in Chamonix.

Tòfol Castañer Bernat, der Führende des CCC, befindet sich nach fast neun Stunden auf dem letzten Kilometer der Strecke. Die schmucken Schaufenster des Städtchens fliegen an ihm vorbei, Passanten drehen sich um, blicken ihn an und applaudieren respektvoll. Die schmale Gasse vor ihm verengt sich zusehends, denn auf beiden Seiten drängen sich Menschen. Die Rufe der Menschen schallen als lautes Konzert, grelle Farben verschwimmen im Augenwinkel. Wie er auf die Zielgerade einbiegt, empfängt ihn die tosende Wucht tausender applaudierender Läufer – das wartende Starterfeld des UTMB begrüßt den Sieger des CCC.

Tòfol Castañer Bernat –
© The North Face® Ultra-Trail du Mont-Blanc® – Cyril Bussat

Wenige Minuten später ertönen die tiefen Töne der Vangelis-Hymne und Stille legt sich über das gigantische Läuferfeld im Herzen von Chamonix. Auf einer Leinwand erscheinen Bilder der vergangenen neun Events und bei Namen wie Dawa Sherpa, Marco Olmo und Kilian Jornet geht ein andächtiges Raunen durchs Feld – Gänsehautstimmung.

Während die Top-Athleten losstürmen, bewegt sich weiter hinten zunächst gar nichts; nur langsam kommt die träge Masse in Schwung. Noch vor den letzten Häusern des Ortes gehen einige Teilnehmer dringenderen Bedürfnissen nach und stehen in Reih und Glied am Wegesrand. Andere laufen mit offenem Rucksack, verlieren rhythmischen Schrittes ihre Ausrüstung oder spießen stolpernd Schaschlik mit ihren Stöcken. Allmählich fällt feiner Regen und Nebel legt sich über die Landschaft. In der Dämmerung ziehen sich viele ihr Funktionsjacken über und schalten ihre Stirnlampen ein. Leise und gleichmäßig legt sich eine Lichterkette auf die Bergpfade.

Wie mit Kuhfladen unter den Schuhen rutsche ich eine schmierige Skipiste hinab. Mein Atem kondensiert im Lampenschein, das Wasser läuft bereits als Rinnsal aus meinen Ärmeln heraus, aber die Stimmung bleibt fantastisch. Herzhaft lache ich, als sich ein japanischer Läufer vornüberbeugt und ein Schwall Wasser aus seinem Kragen schießt. Der Abstieg von Bellevue nach Les Houches bleibt sicher vielen im Gedächtnis – im Affenzahn schlittern wir im knöcheltiefen Schlamm auf abschüssigen Trails ins Tal. Am Ende einer langen Nacht laufe ich morgens durch die Straßen von Chamonix und die Menschen klatschen wie am Abend zuvor. Auch mir wird dieser Zieleinlauf lange in Erinnerung bleiben.

Patagonia Tsali 2.0
Strong support: Patagonia Tsali 2.0 © Judy Ng
Finished – a long night is over and I am glad that I made it to the finish line. © Judy Ng

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