Einmal quer durch die Pfunderer Berge und zurück

Der Pfunderer Höhenweg ist ein hochalpiner Wanderweg von Sterzing nach Bruneck, der von erfahrenen Trail-Läufern an einem Wochenende bewältigt werden kann. Mein Plan ist, den Trail in zwei Etappen zu laufen und anschließend mit dem Radl zurück zum Ausgangspunkt zu fahren.

Vor etwa fünf Jahren war ich schon einmal mit meinem Freund Denis auf dem Pfunderer Höhenweg unterwegs. Damals hatten wir uns allerdings nach halber Strecke zum Abstieg entschieden. Diesmal wollte ich den Weg komplett allein und ohne Unterstützung laufen — die Versorgung auf der Edelrauthütte mal ausgenommen. Um von Bruneck wieder zurück nach Sterzing zu gelangen, hatte ich am Vorabend in St. Georgen mein Rad deponiert, mit dem ich am zweiten Tag der Tour wieder zum Ausgangspunkt zurückfahren wollte — so der Plan.

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Der Blick vom “goldenen Sattel” – eintauchen in die Pfunderer Berge

1. Etappe

Ausgangspunkt der Tour ist Freienfeld (Campo di Trens), ein kleiner Ort nahe Sterzing mit einem kleinen Frischwasserbrunnen im Ortszentrum. Genau dort waren wir vor bereits vor zwei Jahren zum ersten Anlauf gestartet. Gleich zu Beginn erwartet mich eine 1000 Meter Rampe, die am Ende mit einem traumhaften Blick über einen goldgelben Bergrücken belohnt wird. Auf den letzten Metern lief ich im zackigen Schritt hinter einer Bergbäuerin, die mich oben ansah und fragte: “Hascht du ein Flieger dabei?” und damit auf meinen Rucksack deutete. Klasse, dachte ich, haste diesmal bissl mehr eingepackt und gleich siehst du aus, als ob du einen Gleitschirm durch die Berge schleppst.

Da ich allein unterwegs bin und der Weg recht ausgesetzt und die Strecke einsam ist, wollte ich für alle Fälle gewappnet sein. Das steckt im Rucksack:

Ein schmaler und bewachsener Hirtensteig führt mich hinüber zum Grat und kurz darauf steil hinunter zur Simile-Mahd-Alm — oft das erste Tagesziel für Wanderer des Pfunderer Höhenweges. Anschließend geht es hinauf Sengesjöchl, hinter dem ein blauer Bergsee liegt – die Bezeichnung ‘Wilder See’ trifft es hier nicht ganz, denn am anderen Ufer kreischt eine Horde Italiener und ruft mich zurück in die Zivilisation.

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Ein Pfad aus Schieferschutt zieht sich von nun an steil hinauf zum Rauhtaljoch. Die bunten Gruppen Wanderer linker Hand deuten an, dass sich hier mit der Kreuzspitze ein beliebter Wandergipfel befindet. Den Gipfel lasse ich dankend liegen, denn der Tag sollte noch lang werden. Das Schneefeld hinter dem Rauhtaljoch war in diesem Jahr bereits ordentlich abgeschmolzen. Über den Schotter- und später Wiesenpfad erreiche ich in wenigen Minuten die Brixner Hütte.

Direkt vor der Brixner Hütte steht ein Wegweiser, der einladend die Distanz zur Edelrauthütte quantifziert: Ganze 9 Stunden veranschlagen Wanderer für diesen Abschnitt. Auch für Trail-Läufer ist dieser Abschnitt fordernd und verlangt Aufmerksamkeit und viel Geduld. Voller Erwartungen stapfe ich hinauf zur ersten Scharte: der Steinkarscharte.

Mit ganzen vier Scharten ist dieses Teilstück gespickt, dazwischen breiten sich jeweils üppige Täler aus:

  1. Steinkarscharte
  2. Kellerscharte auf 2439m
  3. Dannelscharte auf 2437m
  4. Gaisscharte auf 2700m
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Der Blick vom Rastplatz

Der schmale Steig führt durch urige Täler mit saftig grünen Wiesen wie in einem Bilderbuch. Als ich vor einer dieser Wiesen bei einer Rast sitzend diesem Schauspiel folge, stapft ein braunes Pferd zu mir herüber, beugt den Kopf herunter und deutet an, meine Karte fressen zu wollen. Den Hinweis habe ich verstanden und trotz der eher suboptimalen Nährwertkomposition meiner Knoppers, teile ich heute nicht. Kurz darauf hat mich die ganze Herde umzingelt und schnüffelt an mir. Ich finde, es ist Zeit aufzubrechen.

Die nächsten beiden Scharten kosten Kraft und der Steig fordert kontinuierlich Aufmerksamkeit. An Laufen ist kaum zu denken, jeder Schritt will überlegt sein. Nach einem kurzen ausgesetzten Stück blicke neugierig hinunter zum Walter-Brenninger-Biwak, das auf dieser langen Etappe als Notunterkunft durchaus Sinn ergibt. Die Sektion Brixen des Alpenverein Südtirol hat dieses Biwak aus einem alten aufgegebenen Schafstall errichtet und zu Ehren des 2. Vorsitzenden der Sektion Brixen benannt. Ich bin jetzt schon knappe 7 Stunden unterwegs und die anspruchsvollsten Meter stehen mir noch bevor. Über große Blöcke balanciere ich hinauf zur letzten Scharte. Hinter des Felsspaltes in der Scharte erfordert ein kurzes Stück Klettersteig volle Konzentration, denn hier fällt das Gelände senkrecht ab – ein Fehler hätte fatale Folgen.

Auch danach verliert der Steig nicht an Charakter, ich balanciere über Blöcke und steige steile steinbesetzte Stiche hinab, bevor die Edelrauthütte endlich in auftaucht. Nach knappen 9 Stunden und circa 3500 Höhenmetern stehe ich vor der Hüttenkonstruktion, die vor etwa drei Jahren errichtet wurde. Wenige Minuten später genieße die Abendsonne auf der neuen großen Terrasse. Die Hütte ist gut durchdacht und eine Konstruktion aus Holz und Glas, die den Gästen maximale Aussicht gewährt. Während sich die deutschen Gäste über die Vor- und Nachteile der neuen Hüttenkonstruktion den Kopf zerbrechen, fließt bei mir in guter Südtiroler Gesellschaft das eine oder andere Bier den Gaumen herunter.

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Blick von der Edelrauthütte

2. Etappe

Nach einem kleinen Frühstuck stehe ich bereits um 6.30 Uhr vor der Hütte, denn das Tagesprogramm hat es auch heute wieder in sich. Die zweite Etappe wirkt mit guten 35 Kilometern aber deutlich weniger Höhenmetern als die erste Etappe etwas zahmer, doch ist mir den geplanten 7 Stunden für den Höhenweg und 2 Stunden für die anschließende Radfahrt in Summe nicht weniger lang.

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Beim Blick zurück ins Eisbruggtal glänzt der Bach wie eine Silberader

Zunächst folge ich dem – für die Pfunder Berge – breiten Wanderweg in Richtung Tal, bevor der Höhenweg über die Kuhscharte links abzweigt. Danach wird er tatsächlich laufbar und zieht sich als schmaler Trail malerisch entlang der Almwiesen. Es ist traumhaft im Morgenlicht durch die duftenden und mit Blumen geschmückten Wiesen zu laufen.

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Ein traumhafter Pfad führt über die Almwiesen oberhalb des Pfunderer Tals – die Bewirtschaftung dieser steilen Wiesen schaut nach harter Arbeit aus

An der etwas versifften Gampishütte geht es hinauf zur Hochsägerscharte, zunächst über eine Kuhweide und später über Blockwerk. Wer beim steilen Abstieg von der Scharte stolpert, fällt quasi fast direkt vor die Haustür der Tiefrastenhütte. Wie auf einem Gemälde steht steht neben dem Tiefrastensee die Hütte, die sich vieler Tagesgäste erfreut.

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Wollgras steht auf einer feuchten Fläche neben dem Goldsee

Auf breiten Hüttenzustieg geht es hinab bis kurz vor eine Holzhütte, da zweigt der schmale Höhenweg links ab und führt über zwei Scharten hinauf auf das Rückgrat der Pfunderer Berge.

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Am Horizont: das Rückgrat der Pfunderer Berge

Diese letzten Kilometer führen über zahlreiche kleinere Gipfel und zählen landschaftlich zu den Highlights der Strecke: Links die Zillertaler Alpen, rechts am Horizont die Dolomitengipfel. Vom letzten Gipfel des Sambock geht es dann gute 1000 Höhenmeter hinunter nach St. Georgen zum Ende des Pfunderer Höhenweges.

Zurück zum Start

Da der Pfunderer Höhenweg kein Rundweg ist, stellt sich unweigerlich die Frage: Wie komme ich zurück zum Start? Öffentliche Verkehrsmittel schienen mir hier keine optimale Lösung, weshalb ich vor Beginn der Tour ein Fahrrad am Ziel deponiert habe, mit dem ich nun zurück nach Frauenfeld radeln konnte. Alles in allem schließt sich dann der Kreis und eine sehr schöne und anspruchsvolle Wochenendtour geht zu Ende.

Tourdaten findet ihr auf Strava:

Leider sind die Distanzen nicht ganz korrekt, die Garmin Fenix 5S hat hier ein paar zusätzliche Datenpunkte eingefügt.

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